SACHS NELLY

Nelly Sachs (1891-1970)
Leonie, die immer nur Nelly gerufen wurde, kam 1891 in Berlin als Tochter einer großbürgerlichen jüdischen Familie zur Welt. Noch in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg entstanden schriftstellerische Versuche, aber erst 1921 ließ sie einige dieser Prosa-Arbeiten drucken. Mit Hitlers Machtantritt änderte sich ihr Leben radikal: bis dahin kaum mit dem jüdischen Leben in Berlin verbunden, wurde sie plötzlich auf diesen Bereich beschränkt. Im Mai 1940, dank der Unterstützung der schwedischen Dichterin Selma Lagerlöf, erhielt sie Asyl in Schweden. Nelly Sachs fühlte sich den Schweden für diese Rettung zu tiefen Dank verpflichtet, sie begann, schwedische Lyrik zu übersetzen, um so mitzuhelfen, die Dichter dieses Landes einem größeren Leserkreis zugänglich zu machen. Aber sie blieb trotz allem fremd und einsam. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges blieben ihre Werke weitgehend unbekannt. Erst gegen Ende der fünfziger Jahre wurde ihr Schaffen immer bekannter. Hans Magnus Herzensberger, der sich frühzeitig um die Verbreitung ihrer Dichtungen in Deutschland bemühte, stellte sie in einer Sendereihe des Norddeutschen Rundfunks "Das literarische Porträt" 1959 vor und fand dabei folgende treffende Wertung: "Der Philosoph Theodor W. Adorno hat einen Satz ausgesprochen, der zu den härtesten Urteilen gehört, die jemals über unsere Zeit gefällt worden sind: 'Nach Auschwitz ist es nicht mehr möglich, ein Gedicht zu schreiben.' Wenn wir weiterleben wollen, so muß dieser Satz widerlegt werden. Wenige vermögen es. Zu ihnen gehört Nelly Sachs. Ihrer Sprache wohnt etwas Rettendes inne. Indem sie spricht, gibt sie uns selber zurück, Satz um Satz, was wir zu verlieren drohten: Sprache. Ihr Werk enthält kein einziges Wort des Hasses. Den Henkern und allem, was uns zu Mitwissern und Helfershelfern macht, wird verziehen und nicht gedroht. Ihnen gilt kein Fluch und keine Rache. Es gibt keine Sprache für sie. Die Gedichte sprechen von dem, was Menschengesicht hat: von den Opfern. Das macht ihre rätselhafte Reinheit aus. Das macht sie unangreifbar". Sie erhielt zahlreiche Würdigungen und Auszeichnungen, 1966 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Heute zählt sie neben Paul Celan zu den wichtigsten Vertretern der "Holocaust-Dichtung". Im Mittelpunkt ihrer Dichtung steht das Leid des jüdischen Volkes, das zur Frage nach dem Leiden des Menschen überhaupt erhoben wird. Bereits die Titel ihrer Werke machen deutlich, worum es der Dichterin immer wieder geht: In den Wohnungen des Todes (1947), Eli. Ein Mysterienspiel vom Leiden Israel (1951), Flucht und Verwandlung (1959), Die Suchende (1966), Suche nach Lebenden (1971). "Der Tod war mein Lehrmeister. Wie hätte ich mich mit etwas anderem beschäftigen können, meine Metaphern sind meine Wunden. Nur daraus ist mein Werk zu verstehen".


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