Der Panther (Im jardin des Plantes, Paris)
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
So müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
Der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
Ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
In der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
Sich lautlos auf.
- Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille
Und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) Herbsttag
Herr:
es ist Zeit.
Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südliche Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) Buddha
Als ob er horchte.
Stille:
eine Ferne...
Wir halten ein und hören sie nicht mehr.
Und er ist Stern.
Und andre große Sterne,
die wir nicht sehen, stehen um ihn her.
O er ist alles.
Wirklich, warten wir,
daß er uns sähe?
Sollte er bedürfen?
Und wenn wir hier uns vor ihm niederwürfen,
er bliebe tief und träge wie ein Tier.
Dann das, was uns zu seinen Füßen reißt,
das kreist in ihm seit Millionen Jahren.
Er, der vergißt, was wir erfahren,
und der erfährt, was uns verweist.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) Abisag
I
Sie lag.
Und ihre Kinderarme waren
von Dienern um den Welkenden gebunden,
auf dem ...
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