Der Kaktus
Ich geh schon lange nicht mehr aus dem Haus,
Nur selten bringt mir jemand einen Strauß;
Drum steht im Kistchen, hinter meinem Bett,
Ein kleiner Kaktus auf dem Fensterbrett.
Er steht in einem irdnen Gartentopf,
Gezahnte Blüten treibt sein Stachelkopf;
Sein stumpfes Grün ist derb und dauert an,
Die Zier ersetzt mir Wiese, Feld und Tann.
Ich bring dem Kaktus, der sich ruhsam baucht,
Das bißchen Wasser, das er täglich braucht,
Und Salmiak ab und zu der Tropfen drei;
So trag ich etwas zum Gedeihen bei.
Sein Anblick labt mich, trink ich meinen Tee,
Sein Grün hält an und ist wie Leder zäh;
So leben wir, ein jeder still für sich,
Zu zweit dahin, mein grüner Freund und ich.
Theodor Kramer (1897-1958) An mein Kaffehaus
Wo schwere Wagen fahren
Vorüber in der Näh,
Beim Zollamt, steht seit Jahren
Mein kleines Volkscafé.
Das Glas ist abgeschlagen,
In ihre Fugen fliehn
Die Asseln;
schon seit Tagen
Geh ich nun nicht mehr hin.
Sacht tropft die Wasserleitung,
Es stützt sich gut auf Kinn;
Ein andrer liest die Zeitung,
Es steht auch wenig drin.
Ich war, wenn dort die Wände
Mich bargen, erst zu Haus;
Dort schrieb ich viele Bände,
Damit ist es nun aus.
Ich mach mir keine Zeichen,
Längst bleibt mein Merkheft leer;
Ein Mensch wie meinesgleichen
Hat nichts zu schreiben mehr.
Er braucht auch nicht zu lesen,
Es gilt nicht was er tut;
Kaum kehrt wie Staub der Besen
Ihn fort mit schwarzem Sud.
Jetzt schlägt es draußen sieben,
Ich will bald schlafen gehn;
Von dem, was ich geschrieben,
Bleibt dies und das wohl stehn.
Wenn zwei sich's weitergeben
Bei einer Schale Tee,
Dann sitz ich still daneben
Im himmlischen Café.
Theodor Kramer (1897-1958)
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