Beruf des Storches
Johann Wolfgang Goethe
Der Storch, der sich von Frosch und Wurm
An unserm Teiche nähret,
Was nistet er auf dem Kirchenturm,
Wo er nicht hingehöret?
Dort klappt und klappert er genung,
Verdrießlich anzuhören;
Doch wagt es weder alt noch jung
Ihm in das Nest zu stören.
Wodurch - gesagt mit Reverenz Kann er sein Recht beweisen,
Als durch die löbliche Tendenz
Aufs Kirchendach zu . . .
Der Fischer
Text by Johann Wolfgang von Goethe
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach dem Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor:
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
»Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht.
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?«
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.
Der Müllerin Verrat
von Johann Wolfgang von Goethe
Woher der Freund so früh und schnelle, Da kaum der Tag im Osten graut? Hat er sich in der
Waldkapelle, So kalt und frisch es ist, erbaut? Es starret ihm der Bach entgegen; Mag er mit
Willen barfuß gehen? Was flucht er seinen Morgensegen Durch die beschneiten ...
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Go to begin of the document
Go to previous page
Go to next page
Go to the end of document
