Ludwig Tieck
Franz Sternbalds Wanderungen
Eine altdeutsche Geschichte
Erstes Buch
Erstes Kapitel
So sind wir denn endlich aus den Toren der Stadt, sagte Sebastian,
indem er stille stand und sich freier umsah.
Endlich? antwortete seufzend Franz Sternbald sein Freund.
- Endlich? Ach nur zu früh, allzu früh.
Die beiden Menschen sahen sich bei diesen Worten lange an, und
Sebastian legte seinem Freunde zärtlich die Hand an die Stirne
und fühlte, daß sie heiß sei. - Dich schmerzt
der Kopf, sagte er besorgt, und Franz antwortete: Nein, das
ist es nicht, aber daß wir uns nun bald trennen müssen.
Noch nicht! rief Sebastian mit einem wehmütigen Erzürnen
aus, so weit sind wir noch lange nicht, ich will dich wenigstens
eine Meile begleiten.
Sie gaben sich die Hände und gingen stillschweigend auf einem
schmalen Wege nebeneinander.
Jetzt schlug es in Nürnberg vier Uhr und sie zählten
aufmerksam die Schläge, obgleich beide recht gut wußten,
daß es keine andre Stunde sein konnte: indem warf das Morgenrot
seine Flammen immer höher, und es gingen schon undeutliche
Schatten neben ihnen, und die Gegend trat rundumher aus der ungewissen
Dämmerung heraus; da glänzten die goldenen Knöpfe
auf den Türmen des heiligen Sebald und Laurentius, und rötlich
färbte sich der Duft, der ihnen aus den Kornfeldern entgegenstieg.
Wie alles noch so still und feierlich ist, sagte Franz, und
bald werden sich diese guten Stunden in Saus und Braus, in Getümmel
und tausend Abwechselungen verlieren. Unser Meister schläft
wohl noch und arbeitet an seinen Träumen, seine Gemälde
stehn aber auf der Staffelei und warten schon auf ihn. Es tut
mir doch leid, daß ich ihm den Petrus nicht habe können
ausmalen helfen.
Gefällt er dir? fragte Sebastian.
Über die Maßen, rief Franz aus, es sollte mir
fast bedünken, als könnte der gute Apostel, der es so
ehrlich meinte, der ...
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