Vier Gedichte
von Else Lasker-Schüler
Mein Tanzlied
Aus mir braust finst're Nachtmusik
Meine Seele kracht in tausend Stücken!
Der Teufel holt sich mein Missgeschick
Um es ans brandige Herz zu drücken.
Die Rosen fliegen mir aus dem Haar
Und mein Leben saust nach allen Seiten,
So tanz' ich schon seit tausend Jahr,
Seit meiner ersten Ewigkeiten
Weltschmerz
Ich, der brennende Wüstenwind,
Erkaltete und nahm Gestalt an.
Wo ist die Sonne, die mich auflösen kann,
Oder der Blitz, der mich zerschmettern kann!
Blick' nun: ein steinernes Sphinxhaupt,
Zürnend zu allen Himmeln auf.
Hab' an meine Glutraft geglaubt.
Mein Kind
Mein Kind schreit auf um Mitternacht
Und ist so heiss aus dem Traum erwacht
Wie meine sehnende Jugend.
Gäb' ihm so gern meines Blutes Mai,
Spräng' nur mein bebendes Herz entzwei.
- Der Tod schleicht im Hyänenfell
Am Himmelsstreif im Mondeshell.
Aber die Erde im Blütenkeusch
Singt Lenz im kreisenden Weltgeräusch.
Und wundersüss küsst der Maienwind
Als duftender Gottesbote mein Kind.
Weltflucht
Ich will in das Grenzenlose
Zu mir zurück,
Schon blüht die Herbstzeitlose
Meiner Seele,
Vielleicht - ist's schon zu spät zurück!
O, ich sterbe unter Euch!
Da Ihr mich erstickt mit Euch.
Fäden möchte ich um mich ziehn Wirrwarr endend!
Beirrend,
Euch verwirrend,
Um zu entfliehn
Meinwärts!
...
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